Die Evolution des Antonio Rüdiger

Die Evolution des Antonio Rüdiger
16. Juni 2017 Pietro Tallarico

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Zugegeben, für Antonio Rüdiger war der Anfang und die Eingewöhnungszeit in Italien kein Selbstläufer. Die taktischen Differenzen klaffen weit auseinander. Auch für eines der besten deutschen Nachwuchstalente war das vor zwei Jahren nicht anders, wie er selbst in einem Interview mit dem Sportmagazin l’Ultimouomo erzählte. Wir erklären hier, warum es für ihn der beste Schritt in die Weltklasse war und welch bemerkenswerte Evolution er als Abwehrspieler durchlaufen hat.


Aufgewachsen in der deutschen Hauptstadt, ging es für ihn über Dortmund und Stuttgart in die italienische, nach Rom. Deutsche Abwehrspieler sind und waren in der Serie A schon lange Mangelware. Doch Rüdiger wählte den Weg in ein Land, in dem die Defensive als Kunst gehandelt wird, und welches die besten Abwehrspieler der Geschichte hervorbrachte. In der nahen Vergangenheit waren dies Legenden wie Cannavaro, Nesta und Maldini, um nur eine kleine Auswahl zu nennen. Antonio Rüdiger sah seine Herausforderung genau darin. Die Serie A und die AS Roma: das bedeutet hoher Druck und viel Leidenschaft.

Im August 2015 holte der damalige Manager Walter Sabatini den jungen Spieler für insgesamt 13 Millionen aus Stuttgart. Sabatini, bekannt für sein gutes Auge für Talente und ein Meister der „Plus“ – Geschäfte, brachte der Roma in seiner fünfjährigen Tätigkeit insgesamt 142,50 Millionen Euro durch seine Transfergeschäfte ein. Die Fans erwarteten mit Antonio Rüdiger ein ähnliches Geschäft.
Die Vorgehensweise ist stets dieselbe: Man hole ein junges Talent und gebe ihm die Möglichkeit sich eine Art „Diplom“ in der Serie A zu erarbeiten um ihn dann mit einem ordentlichen Gewinn wieder zu verkaufen. Die AS Roma verkaufte in den Jahren zuvor beispielsweise Marquinhos (geholt für: 5,70 Mio. / verkauft für: 31,40 Mio.) und Benatia (geholt für: 13,50 Mio. / verkauft für: 28 Mio.) jeweils nach einer Saison mit einem bemerkenswerten Gewinn.

Wirklich gehalten werden nur die Besten der Besten, wie ein Kostas Manolas (Marktwert: 38,50 Mio.), der sich in Rom zu einem der besten Abwehrspieler der Welt profilierte und unangefochtener Abwehrchef der Giallorossi und der griechischen Nationalmannschaft ist. Wie gut Sabatini sein Handwerk versteht, sieht man in diesen Tagen, denn der Erfolgsmanager ist nach den aktuellsten Gerüchten dabei der Roma selbst in seiner Abwesenheit ein „Plus“-Geschäft zu bescheren. Er will Rüdiger zu seinem neuen Arbeitgeber Inter Mailand holen. Rüdigers Marktwert liegt derzeit bei ca. 43 Millionen Euro.

Seine ersten Schritte, ein Desaster

Als Rüdiger nach Rom kam, war Manolas bereits das was er heute ist und der in Neukölln aufgewachsene Neuzugang hatte damals einen verlässlichen Führungsspieler an seiner Seite. Eine optimale Ausgangsposition um nicht in den Fängen der Ersatzbank zu landen. Das erste halbe Jahr verlief, wie er selbst es sich bereits vorgestellt hatte: durchwachsen. In seinen ersten Auftritten sah man ihm die Unsicherheit an. Oft überfordert durch die taktische Präzision seiner Mitspieler und durch seinen nicht gerade eleganten Umgang mit dem Ball, wirkte er oft wie ein Kind, das zum ersten Mal mit Erwachsenen spielen darf. Presse und Fans hielten ihm vor, dem Niveau der Serie A nicht gewachsen zu sein.

Nach der ersten Saison schien es deshalb sicher, dass er in die Premier League verkauft werden würde, da bereits die ersten Gerüchte eines Interesse seitens Chelseas die Runde machten. Bekanntermaßen ist ein Angebot aus der englischen Liga heutzutage ein absoluter Garant für ein „Plus“ – Geschäft, also ganz in der Tradition der Roma. Doch es kam anders, denn Rüdiger verletzte sich kurz vor Beginn der EM 2016 am Kreuzband und ein Wechsel schien nicht mehr rentabel. Rüdigers Karriere drohte ein in ernsthafter Gefahr zu stehen.

Doch in Italien kennt man Neukölln nicht. Der Ort, in den Rüdigers Familie während des Bürgerkriegs aus Sierra Leone flüchtete. Das deutschlandweit bekannte Ausländerviertel und seine Verbindung zu Sierra Leone flössten Rüdiger eine ausgeprägte Mentalität ein: „Never give up„.

Fai vedere di che pasta sei fatto

In der vergangenen Saison hatte er die letzte Möglichkeit mehr Konstanz in sein Spiel zu bringen. Aus Potenzial eine Tugend zu machen. In Italien würde man sagen: „Fai vedere di che pasta sei fatto, Antonio!“ – „Zeig aus was für einem Teig du gemacht bist, Antonio!“
Und Rüdiger ließ sich die zweite Chance nicht nehmen. Unter Luciano Spalletti als Trainer wurde er zu einem echten Defensivprofi. Das Defensivtraining unter einem erfahrenen italienischen Spitzentrainer wie Spalletti bezeichnete Rüdiger mit den folgenden drei Buchstaben: WOW!
Die Resultate blieben nicht aus. So stellte die AS Roma in der vergangenen Saison die zweitbeste Defensive und gleichzeitig die zweitbeste Offensive der Liga (90:38). Eine derartige Ausgewogenheit findet man selten. Nur Juventus Turin (77:27) kassierte weniger Tore.

 

 

Defensivarbeit in der Serie A bedeutet nicht nur, Positionen zu halten, immer auf einer Linie mit seinen Mitspielern zu sein und in der Rückwärtsbewegung parallel zwischen ballführendem Spieler und Tor zu stehen. Es bedeutet vor allem das Spiel von hinten heraus aufzuziehen: sich aus dem Pressing des Gegners lösen, möglichst sichere Pässe spielen und das Spiel durchdacht aufbauen. Bist du zweikampfstark, dann darfst du auf die Bank. Kannst du Pässe spielen, dann gehörst du zur Startelf.

In diesem Umfeld gelang es Rüdiger, sich von Spiel zu Spiel zu steigern. Außergewöhnliche Fehler, die am Anfang seiner römischen Karriere zum Teil zu Gegentoren führten, gab es nicht mehr. Plötzlich zeichnete er sich nicht mehr allein durch seine Physis und seine robusten Tacklings aus. Der Mann mit der Rückennummer 2 spielte auch Assists!

 

 

Rüdiger hat einen unglaublichen Weg hingelegt. Noch ist er nicht unersetzlich und es stehen noch einige Abwehrspieler der Serie A vor ihm. Schwierigkeiten bereiten ihm vor allem kleine Spieler. Insbesondere einer war bisher eine Art unüberwindbarer Endgegner für ihn: Lorenzo Insigne, von dem er sagt, er habe ihn nicht ein einziges Mal erwischen können. Zu groß war die Dribbelstärke, zu schnell der Antritt und zu kurz seine Ballkontakte. Doch es fehlt nicht mehr viel, bis Antonio Rüdiger zu den ganz Großen der Liga gehört. In der letzten Saison hat er sich viel Zeit erkauft, um sein Diplom in der Serie A erfolgreich zu bestehen.

 

Seine Geschichte erzählt er euch in diesem Video

 

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BEITRAGSBILD: (via AS Roma GIPHY)
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